Die Linzer Stadtbahn

Teil 1: Ausgangssituation & Geschichte

„City-S-Bahn“, „RegioLiner“, „RegioTram“, „Zweite/Neue Schienenachse“ und jetzt „Stadtbahn“. All diese Namen wurden in den letzten Jahrzehnten für ÖV-Projekte im Großraum Linz verwendet. Es geht um eine Nord-Süd-Schienenachse in Linz, eine neue Bahnlinie nach Gallneukirchen/Pregarten und die Einbindung der Mühlkreisbahn ins Stadtzentrum. Doch während der Stau auf den Linzer Zufahrtsstraßen von Jahr zu Jahr zunimmt, ist bisher noch jeder Plan gescheitert. Das könnte sich jetzt ändern.

Die Ausgangssituation

Die Linzer Donaubrücken

Seit eh und je pendeln viele Mühlviertler*innen nach Linz um dort zu arbeiten, die meisten mit dem Auto. Um ins Stadtzentrum zu gelangen muss dafür eine der Donaubrücke gequert werden, ein Reizthema in Linz. Für Pendler*innen aus dem westlichen und nördlichen Mühlviertel kamen dafür im Wesentlichen nur drei Brücken in Frage: die Nibelungenbrücke, die Eisenbahnbrücke und die Voestbrücke. Obwohl schon die Kapazität dieser drei Brücken zusammen nicht ausreichend war um Staus zu verhindern, verschlimmerte sich die Lage 2016 als die Eisenbahnbrücke wegen Korrosionsschäden abgerissen wurde. Instandhaltungsarbeiten an der Voestbrücke machten das Chaos perfekt.

Die ehemalige Linzer Eisenbahnbrücke. Über das Gleis in der Fahrbahnmitte wurden Triebfahrzeuge zur Inspektion überstellt. Seit dem Abriss ist die Mühlkreisbahn nicht mehr mit dem restlichen Eisenbahnnetz verbunden. Foto: NeoUrfahraner, (CC BY-SA 3.0)

Die Politik hat jedoch scheinbar eine Lösung gefunden: den Linzer Westring. Dabei handelt es sich um eine neue Autobahn inkl. Donaubrücke als Umfahrung für Linz, hauptsächlich als Tunnel geführt. Das mittlerweile 743-Mio.-Euro-Projekt befindet sich derzeit im Bau und soll 2031 abgeschlossen sein.1

Doch warum fahren so wenig mit öffentlichen Verkehrsmitteln? Nun, ins westliche Mühlviertel gibt es eine Bahnstrecke, die Mühlkreisbahn. Ihr Hauptproblem: Sie endet in Urfahr, jenseits der Donau, ist heute Österreichs einzige Inselbahn. Wer in die Innenstadt will muss in die Straßenbahn umsteigen. Die Strecken ist zudem nicht elektrifiziert, langsam und es befinden sich noch alte Triebwagen der Baureihe 5047 im Einsatz. Noch schlechter sieht es im nördlichen Mühlviertel bzw. aus Richtung Gallneukirchen aus, dort ist man auf den Bus angewiesen. Zwar gibt es in Freistadt & Pregarten die Summerauerbahn, die ist durch ihre zahlreichen Kurven jedoch auch nicht sehr schnell.

DiE Geschichte

Schon in den 1990ern wurden über Pläne für eine sogenannten „City-S-Bahn“ diskutiert. Die ÖBB erstellten 1994 den Plan, die Mühlkreisbahn mit der Pyhrnbahn zu verbinden. Bereits 1995 haben Stadt Linz und Land Oberösterreich beschlossen, das Projekt umzusetzen.2 Nach einigem hin & her wurde schließlich 2002 ein Betriebskonzept vorgelegt und eine Grobtrasse beschlossen. Angestrebte Eröffnung: 2007.3 Dazu gekommen ist es nie, Streitigkeiten mit den ÖBB haben das Projekt immer weiter verzögert.

Die nächsten Schritte erfolgten 2009, als das Land eine Studie zum Projekt in Auftrag gegeben hat. Konkret soll geprüft werden, ob die Mühlkreisbahn als „City-S-Bahn“ in den Hauptbahnhof eingebunden oder ins Linzer Straßenbahnnetz aufgenommen werden soll, damals genannt „RegioLiner“. Das Ergebnis: Beide Projekte sollen umgesetzt werden, die Mühlkreisbahn soll als Vollbahn in den Hauptbahnhof eingebunden werden und eine neue Straßenbahnstrecke im Osten der Stadt soll die Innenstadt entlasten, die Geburtsstunde der „Zweiten Schienenachse“. Auch eine Straßenbahnverbindung nach Gallneukirchen/Pregarten schlägt die Studie vor, für die neue Straßenbahnachse wird sogar eine Donauuntertunnelung in Betracht gezogen.4

Visualisierung der Oberösterreichischen Nachrichten aus dem Jahr 2009. Die neue Straßenbahnachse soll von Urfahr zum Bulgariplatz führen, die „City-S-Bahn“ zum Hauptbahnhof und eine neue Straßenbahn nach Gallneukirchen/Pregarten. (Man beachte die etwas eigenwillige Schreibweise von „Linz Hauptbahnhof“ auf der mittels Bildbearbeitung veränderten Zugzielanzeige.) Bild: OÖN

Doch wieder wird nichts umgesetzt, die Idee der getrennten S-Bahn und Straßenbahntrasse wird verworfen. Die Planung der zweiten Straßenbahnachse wird jedoch konkreter. Nach der neuen Eisenbahnbrücke soll die Trasse unter der Gruberstraße verlaufen, das Krankenhaus und den Europaplatz anschließen und beim Bulgariplatz ins bestehende Straßenbahnnetz münden. Die Trasse wird immer wieder kritisiert, die unterirdische Streckenführung sei teuer und ein längerer Weg zum Bahnsteig notwendig. Nichtsdestotrotz drängen Stadt Linz und die Linz AG Linien auf den Bau.

Auf dieser Trasse sollte die Zweite Schienenachse führen. Vom Europaplatz war ein Abzweig zum Hauptbahnhof für „Regiotrams“ geplant. Bild: Linz AG, gefunden auf linza.at

Zeitweise ist auch die Umwandlung der Mühlkreisbahn zur Straßenbahn ein Thema. Das größte Hindernis ist und bleibt nämlich die Spurweite. Während die Mühlkreisbahn auf 1435mm (Normalspur) verkehrt, wurde die Linzer Straßenbahn mit einer sehr ungewöhnlichen Spurweite von 900mm errichtet. Eine Einbindung der Mühlkreisbahn ins Straßenbahnnetz würde daher eine Umspurung erfordern. Das wurde auf der Linzer Pöstlingbergbahn bereits realisiert, allerdings im deutlich kleineren Rahmen. Neben dem geringeren Komfort und den Kosten bestand jedoch die Angst, dass eine Straßenbahn weniger schnell als eine S-Bahn sein könnte und sich die Fahrzeit damit verlängert. Auch die Führung der Strecke nach Gallneukirchen auf Straßenbahngleisen bis zur Universität hätte die Fahrzeit deutlich unattraktiver gemacht.

Im Jahr 2016 wurde schließlich eine weitere Studie des Landes in der Schweiz in Auftrag gegeben, das Resultat: ein Dreischienengleis soll her. Durch drei Schienen sollen sowohl 900mm-Straßenbahnen als auch 1435mm-S-Bahnen auf derselben Strecke verkehren können. Somit müsste die Mühlkreisbahn nicht umgespurt werden und Normalspurfahrzeuge könnten eingesetzt werden, was auch von Verkehrslandesrat Günther Steinkellner präferiert wurde. Die Fahrzeuge selbst würden ihre Spurweite dann natürlich nicht ändern, was in manchen Medien jedoch falsch verstanden wurde.5

Visualisierung des Dreischienengleis. Bild: OÖN

Zusätzlich sei angemerkt: Immer wieder ins Gespräch gebracht wurde eine Führung von S-Bahn-Zügen über die Linzer Hafenbahn, eine ÖBB-Strecke entlang der Linzer Stadtautobahn A7, die derzeit nur für Güterverkehr genutzt wird. In konkreten Planungen berücksichtigt wurde diese Variante jedoch nie.

Die gemeinsame Streckenführung von S-Bahnen und Straßenbahnen hat aber auch Nachteile: Die Haltestellendichte ist bei Straßenbahnen dichter als bei S-Bahnen, mit verlängerter Fahrzeit ist daher zu rechnen. Auch unterschiedliche Fahrzeugbodenhöhen bereiten für die Barrierefreiheit Probleme.

Wie alle anderen Pläne ist jedoch auch die zweite Schienenachse schlussendlich gestorben, diesmal wegen der hohen Kosten der Tunnellösung. Und wieder gibt es einen neuen Plan: die Stadtbahn.6

Mehr Details dazu gibts dann in künftigen Beiträgen!